1000 Wohnungen seien derzeit in Bau, weitere 4000 würden in den nächsten Jahren folgen, lautet eine Prognose aus der Medienwerkstatt des Bürgermeisters. 150 Wohneinheiten werden allein im Bereich des Leiner-Areals gebaut, wo neben einem Kongresszentrum auch ein weiteres Stadthotel unter Beteiligung von René Benkos Firma Signa errichtet wird, berichtet der Kurier NÖ in seiner Samstagausgabe vom 15. August 2020. (Foto: Zahlreiche, teilweise teure Neubauten mit vielen leerstehenden Wohnungen in der Stadt. St. Pölten)
Wenn die allgemeine intensive Bautätigkeit die Landeshauptstadt aufwertet und die hohen Wohnkosten im Rahmen hält, ist das natürlich grundsätzlich gut. Kenner des St. Pöltner Immobilienmarkts schätzen allerdings, dass derzeit sowieso 5000 Wohnungen im Stadtgebiet frei stehen. Das Angebot sei erheblich größer als die Nachfrage. Ob sich damit der sehr zeitnahe Zubau von weiteren 4000 Wohnungen argumentieren lässt – oft an stark befahrenen Straßen und ohne gleichzeitig (sanft!) wachsende Infrastruktur – ist fraglich. Vor allem: Neu geschaffener Wohnraum ist meist erheblich teurer, als der Altbestand, vor allem der frei finanzierte. Jungfamilien, die sich vor ein, zwei Jahren entschlossen, in einen Neubau zu ziehen, stöhnen in Corona-Zeiten nun unter den Kosten.
Gewachsene Grünflächen im Zentrum werden weniger
Der Bauboom führt sukzessive zu einer weitere Versiegelung von wertvollem Boden. Freie Flächen mit Grün, die gerade im Zentrum der Stadt für ein gedeihliches Klima sorgen würden, fehlen oder werden rarer. Da nützt es nichts, wenn außerhalb des Zentrums irgendwo Bäumchen gepflanzt werden. Es fühlen sich höchstens die zentrumsnahe wohnenden Menschen gepflanzt. Für sie ist es ein Desaster, wenn Bäume in ihrer Nähe gefällt werden. Die an anderer Stelle gesetzten Jungpflänzchen, haben keinen Einfluss auf das unmittelbar vor ihrer Haustüre zerstörte Mikroklima. Je nach Baumart, vergehen mindestens ein, zwei Dekaden, bis ein neu gepflanzter Baum Einfluss auf das Klima hat. Wenngleich St. Pölten zu 70 Prozent aus Grünraum (inkl. Agraflächen, Parks, Erholungsflächen oder Wald) bestehen soll, werden gewachsene, hochwertige Grünflächen im Zentrum der Stadt immer weniger.
Fallen weitere Bäume in der Promenade?
An manchen Baustellen wird gefuhrwerkt, „dass einer Sau graust“, wie man im Volksmund gern zu sagen pflegt. Alte Bäume fallen reihenweise dem Wüten der Baumaschinen zum Opfer. Jüngstes Beispiel: Ein Teil der Allee in der Julius-Raab-Promenade ist verschwunden. Deutet man jüngste Aussagen aus dem Rathaus, sollen Promenade samt Verkehrsströme überhaupt neu geordnet werden. Durch die Neuordnung der Fahrbahnen könnte auch dieser Baumbestand bald fallen.
Politik zu mehr Bürgernähe zwingen
Es wird Zeit, dass die St. Pöltner und St. Pöltnerinnen den Stadtregierern etwas genauer auf die Finger schauen. Es wird zu wenig sein, sich von politischen Verantwortungsträgern über eine ausgeklügelte Marketing- und Medienmaschinerie Honig ums Maul schmieren zu lassen. Oder in pseudodemokratischen Beteiligungsprozessen, wo bereits zu Beginn feststeht, was dabei rauskommen soll, in einer Art Beschäftigungstherapie die Bürger ruhigzustellen.
Die Bürgerplattform Pro St. Pölten wird sich vermehrt der anstehenden Problematik widmen und lädt sehr herzlich zum unkomplizierten Mitarbeiten. (wp/17AUG2020)
Link zum Kurier-Artikel: Bauboom in der Hauptstadt wird von Corona noch angeheizt